Bonsai: Kleiner Baum ganz groß

Vor Ihnen steht eine Schale, drin ein Baum. Es ist eine immergrüne Esche. Ihre millimeterdicken grauen Äste sind wunderschön verzweigt, die kleinen Blätter schimmern im morgendlichen Sonnenlicht, das die feinen Wasserspritzer im hellgrünen Moos rund um die knorrigen Wurzeln wie kleine Diamanten blitzen lässt. In Gedanken setzen Sie sich unter die Esche ins Moos und träumen … der kleine Bonsaibaum hat Sie verzaubert!

Er war ein Weihnachtsgeschenk, angeblich ist er schon 25 Jahre alt, obwohl erst 25 Zentimeter groß. Als er kam, war er in seiner flachen Schale in dicker, brauner Erde fast einzementiert. Er ist „Made in China“, obwohl wir die jahrhundertealte Bonsaitradition vor allem aus Japan kennen. Auch drei seltsam aussehende Werkzeuge waren Teil des Geschenks: Eine eigenartige kleine Schere, eine Minisäge und ein fingerlanger Babybesen.

Als erstes bekam die kleine Esche eine neue Erde, fix und fertig aus dem Fachhandel, denn das Selbermixen aus Sand, Akadema und Torf ist eine Wissenschaft für sich. Die Schale blieb – schließlich sagt schon das Wort Bon-Sai, dass es sich dabei um eine Pflanze (Bon) in einer Schale (Sai) handelt und beide eine harmonische Einheit bilden.
Je größer die Schale ist, desto mehr Wurzelmasse kann der Baum entwickeln und damit wachsen. Die Schale begrenzt also seine Form, denn frei in Asien würde der Minibaum gut 15 Meter hoch in den Himmel wachsen.

Im Frühling hat sie sogar ein wenig weiß geblüht, die Esche auf der kühlen Fensterbank. „Nicht zu viel gießen“, hieß es dann, „sonst werden die neuen Blätter zu groß und stören den Gesamteindruck“. Schnipp, weg waren sie, die Riesenblätter – die Schere hatte ihren ersten Einsatz gut gemeistert. Ein neues Ästchen, das zu stark nach innen wachsen wollte, fiel der Säge zum Opfer. Auch ein wenig Draht musste her, um die Form so lange zu fixieren, bis die neuen Triebe zu Ästen verholzt waren und der Baum – obwohl so klein – ausschaut wie ein großer.

Nun ist ein Jahr vergangen, es wird wieder Weihnachten. Die immergrüne Esche ist bald 26 Jahre alt. Viel zu tun war nicht: Ein wenig düngen, gießen – und genießen! Obwohl der Ficus für Anfänger leichter indoor zu halten ist wie eine Esche, vertragen wir uns gut. Ab und zu werden die Erdoberfläche und das wunderschöne Moos mit dem Babybesen gebürstet, um (eingebildete) Krümelchen zu entfernen. Bis Mittag hat das Bäumchen Sonne und wird hie und da besprüht – wegen dem Glitzern der Wassertropfen im Moos. Und weil er das so gerne mag.

Sind auch Sie ein Bonasi-Typ? Wer Pflanzen als Mitbewohner im Wohnraum gern hat, sich in sie hinein fühlen kann und weiß, was eine Pflanze braucht, für den kann ein Bonsai eins der schönsten Geschenke auf Erden sein. Fürs Aufstellen in einer Ecke und gelegentliches Gießen ist eine robuste Pflanze eher geeignet. Denn aufgrund seines geringen Erd- und Wurzelvolumens ist der Bonsai anfälliger für zu wenig Wasser oder zu viel Nass, für zu viel Sonne und Co… Nur allzu schnell wirft er entrüstet seine Blätter ab.